Der 150. Schloss-Geburtstag innerhalb des Biesdorfer Blütenfestes erschien dem fremden wie dem kennenden Beobachter als zweite Neueröffnung – es dominierten Freude, Vorfreude und Zukunftsgewissheit. Viele Erinnerungen bewegten die Gäste. Im Zentrum stand natürlich der Architekt Heino Schmieden, dessen Name fortan der große Saal des Hauses trägt. Doch niemand sprach den Namen mit den drei großen Buchstaben aus, dessen Geist 17 Monate das Schloss beherrscht hatte.
Hervorragend besuchte Vernissagen
Bereits am 10. Mai war die neue Ausstellung „Ankommen“ der nunmehrigen Galerieleiterin Karin Scheel eröffnet worden. Alle 21 Künstlerinnen und Künstler dieser Ausstellung haben oder hatten eine Zeitlang ihren Arbeitsort in Marzahn-Hellersdorf. Einige Werke thematisierten die Spuren dieses Ortes, des Ateliers – andere befragten die künstlerische Arbeit an sich.
ankommen
Parallel dazu läuft eine Exposition aus dem Kunstarchiv Beeskow, die von dessen Leiterin Florentine Nadolni präsentiert wurde. Es handelt sich um eine 20blättrige Grafikmappe von Dieter Tucholke, der das erneuerte Preußen-Bild der DDR seit Anfang der 1980er Jahre kritisch kommentiert hatte.
Eines der „Negativbilder“ von Dieter Tucholke
Es waren gelungene Vernissagen der beiden neuen Schauen. 5900 Besucherinnen und Besucher sahen sie an diesem Wochenende.
Faktenreiche Festrede und geschätzte Erinnerungen
Wie schon einmal grüßte Senator Andreas Geisel zum 150jährigen Schlossjubiläum einen Tag später, am 11. Mai, für das Land Berlin. Geisel nannte das Schloss und den Park Heimat seiner Jugend. Viele Erinnerungen aus den Ferienspielen seien ihm bis heute bestens präsent.
Am Beginn ihrer faktenreichen Festrede vor mehr als einhundert geladenen Gästen machte Bürgermeisterin Dagmar Pohle dann Werbung für eine Neuerscheinung, die der Bezirk im III. Quartal dieses Jahres herausgeben wird: „Gut – Schloss – Park. Berlin-Biesdorf. Vom Rittergut zum Kultur- und Wohnstandort“.
Sie kündigte neue Erkenntnisse an, die Dr. Oleg Peters durch umfangreiche Archivrecherchen gewonnen habe und die er in drei Beiträgen nachzeichnen werde. So sei der spätere Berliner Tiergartendirektor Eduard Neide als Schöpfer des ersten, vier Hektar großen, Schlossparks identifiziert worden. Heino Schmieden und Neide kannten sich bereits von gemeinsamen Projekten in (Berlin-)Westend. Schmieden wird dem Bauherrn zu Neide geraten haben. Wer nun der Bauherr war – von Rüxleben oder die Familie Griebenow – darüber gibt es leider keine gesicherten Fakten. Wenn auch nahezu alles für Griebenow spricht – es gibt überhaupt keinen Anlass gibt, in diese Richtung zu spekulieren.
Frau Pohle erinnerte daran, dass im Schlossturm die Jahreszahl 1869 entziffert worden war. Was hat diese zu bedeuten? Später nahm Landeskonservator Jörg Haspel den Ball auf und stellte augenzwinkernd die Frage, ob wir im Jahr 2019 den 150. Geburtstag des Schlossturmes erneut feiern könnten…
Die Bürgermeisterin sprach von der Episode Günther von Bültzingslöwen und natürlich ausführlich von der Siemens-Familie; sodann von der 90 Jahre langen städtischen Verwaltung durch die Bezirke Lichtenberg, Marzahn sowie Marzahn-Hellersdorf. Dagmar Pohle skizzierte die vielfältigen Bemühungen in der DDR-Zeit und würdigte abschließend die bleibenden Leistungen des Sozialen Stadtteilzentrums Biesdorf bis zum Wiederaufbau ab 2013 durch das Kollektiv unter Leitung von Prof. Mara Pinardi. Natürlich nannte sie den Namen Dr. Günter Peters und den unseres Vereins.
Dr. Oleg Peters und der Schauspieler Peter Bause erzählten in ihrer folgenden Performance das Leben Heino Schmiedens. Es war viel Arbeit, das Überwinden von Rückschlägen und stete Motivierung – das konnte man dem von Peter Bause vorgetragenen Lebenslauf des Architekten zweifelsfrei entnehmen.
Audiomitschnitt, Ausschnitt
Dr. Oleg Peters und Peter Bause
Es folgten beglückte Erinnerungen. Professor Jörg Haspel, der Landeskonservator, zitierte das Wort vom „Glienicke des Ostens“ – dieser Vergleich mit Schloss Biesdorf sei von Anfang an ein erfolgreicher Kniff gewesen, um Verantwortliche im Berliner Senat positiv auf das Projekt einzustimmen. Klaus Henning von Krosigk bemerkte später: Ohne die frühzeitige Sanierung des Schlossparks in den 1990er Jahren wäre die Schlosswiederherstellung schwieriger geworden. Haspel entließ Senator Geisel mit den Worten: „Kümmern Sie sich bitte ab sofort um das Lichtenberger Hubertusbad!“ Der Vizepräsident der Architektenkammer Berlin Daniel Sprenger erinnerte an das große bürgerschaftliche Engagement des Architekten Heino Schmieden, der Mitglied in einer Reihe wichtiger städtischer und staatlicher Gremien war. Bei seiner Bescheidenheit wäre es Schmieden sicher recht gewesen, so Sprenger, dass nun „nur“ ein Saal seinen Namen trägt. Der langjährige Direktor des Martin-Gropius-Baus Prof. Gereon Sievernich übersandte ein Grußwort, das Dr. Niemann vortrug.
Abschließend ergriff der Vorstandsvorsitzende unseres Vereins Dr. Heinrich Niemann das Wort. Als Richtschnur der künftigen Arbeit stehe der seit Beginn dieses Jahres definierte Dreiklang von Schloss Biesdorf als Ort der Kunst, der Geschichte und der Begegnung. Einen attraktiven Ort der Kunst zu schaffen bleibe trotz der großartigen Vernissagen von gestern eine große Herausforderung. Dazu sollten Wegbegleiter und Partner ernsthaft einbezogen werden. Denn es gelte, DDR-Kunst mit zeitgenössischer Kunst zu koppeln und dem großen Berliner Maler und Ehrenbürger Otto Nagel in geeigneter Weise eine Heimstatt zu geben. Auch weitere lokalgeschichtliche Forschungen mit Historikern sollen angeregt werden.
Dr. Heinrich Niemann konnte neben dem allzeit präsenten Urenkel von Heino Schmieden, Prof. Dr. Ernst Kraas und Frau, erstmals die Urenkelin des ersten Schlossbesitzers Hans Hermann von Rüxleben, Frau Anja von Rüxleben-Drechsler aus München, und eine weitere Nachkommin einer Seitenlinie – Frau Thum von Heyl mit ihren Partnern – begrüßen; den Kontakt hatte Heimatforscher Karl-Heinz Gärtner vermittelt.
Anja von Rüxleben-Drechsler
Abschließend übergab Dr. Niemann der Bezirksbürgermeisterin mit dem Glückwunschschreiben ein Paket mit allen vom Verein bisher herausgegebenen Publikationen zum Schloss Biesdorf und eine Mappe mit weiteren Zeugnissen für den Wiederaufbau des Schlosses einschließlich des Kalenders.
Heino-Schmieden-Saal
Alsdann folgte schließlich die feierliche Enthüllung des Schildes „Heino-Schmieden-Saal“.
Sehr offene Fragen
Inzwischen sind vier Wochen verstrichen. Seit einem sehr offenen, problemorientierten Gespräch mit der Kulturstadträtin Juliane Witt Anfang Januar sind nun fast sechs Monate ins Land gegangen. Unser Verein hatte unmittelbar nach dem Abspringen des ZKR dem Bezirksamt als neuem Betreiber operative Hilfe angeboten, auch eine Kooperationsvereinbarung schriftlich vor Monaten hinterlegt, die bisher ununterzeichnet blieb. Nun wollen wir in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu unserer Mitgliederversammlung offene Fragen thematisieren, die keinen Aufschub dulden.
Wir halten eine öffentliche Auseinandersetzung über die kargen 17 Monate der Erstbetreiberin ZKR für notwendig: immerhin hat der Galeriebeirat Schloss Biesdorf trotz der permanenten öffentlichen Kritik vor allem innerhalb des Bezirks nichts von sich hören lassen. Kulturstadträtin Juliane Witt hatte im Juli 2013 über diesen erklärt: „Der Kreis von Kunstwissenschaftlern und Experten im Galeriebeirat wird sich der Umsetzung der Kooperationsvereinbarung mit dem Archiv Beeskow, der Umsetzung der kulturwissenschaftlichen Ziele und der Einbindung in die kulturtouristischen Gesamtkonzepte der Hauptstadt widmen. Zu den vertretenen Institutionen gehören die Senatskanzlei, die Berlin Tourismus Marketing GmbH, die Berlinische Galerie, das Kunstarchiv Beeskow und die Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur…“ Der Beirat verwies auf einige wenige Kritiken in der Fachpresse, die das Profil der Expositionen gutgeheißen hatten. Im Gremium war nach eigener Aussage Frau Scheel verantwortlich tätig. Es geht uns nicht um eine Kritik der Kritik willen: wir widersprechen einem „Weiter so“. Nicht nur wir sind der Meinung, dass es begrüßenswert ist, wenn es ein mit den notwendigen Partnern abgestimmtes Verfahren zur Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes für den Betrieb des Schlosses geben würde. Das erleichtert dann zu gegebener Zeit auch den Abschluss von Kooperationsvereinbarungen. Nun ist bereits eine nächste Ausstellung ab Ende Juni mit dem Titel „examining the edge – peripheries in the mind and the city“ angekündigt. Der Titel ist nur mit dem Wörterbuch verständlich, die Problematik eher ausgefallen. Aber: Schloss Biesdorf ist die kommunale Galerie des Bezirkes Marzahn-Hellersdorf, der kulturelle Leuchtturm, wie die Kulturstadträtin stets betont.
Vor einem knappen Jahr gedachten im Schloss Biesdorf mehr als 100 Menschen des 50. Todestages Otto Nagels. Wir hatten diese Veranstaltung die Rückkehr Otto Nagels in den öffentlichen Raum seiner Heimatstadt Berlin genannt. Kulturstadträtin Witt hatte als Leihgabe Nagels „Wochenmarkt am Wedding“ enthüllt. Weitere Schritte der „Rückkehr“ sollten folgen. Passiert ist bisher nichts. Vertreter unseres Vorstandes trafen sich Ende Mai mit dem Direktor des Archivs der Berliner Akademie der Künste, Herrn Dr. Werner Heegewaldt, und der Leiterin der Kunstsammlung, Frau Dr. Rosa von der Schulenburg. In einem hochinformativen Gespräch zeigten sie uns Linien zur Einrichtung eines nachhaltigen Erinnerungsortes für den großen realistischen Berliner Maler auf. Wir sind bereit, unser Wissen in ein solches Projekt einzubringen.
Nun noch eine merkwürdige Frage: Im Herbst 2016 baten wir das ZKR um einen Raum im wiedererbauten Schloss Biesdorf, um insbesondere die Akten unseres Vereins, die die Anstrengungen zum Wiederaufbau seit 2001 dokumentieren, aufzubewahren. Die Bitte wurde abgelehnt. Wir wiederholten unsere Frage nun an das Bezirksamt – bisher ohne Antwort. Unsere beiden Aktenschränke benötigen zwei Quadratmeter Fläche. Die Bruttogrundrissfläche des Schlosses beträgt 3.313 qm.
(Axel Matthies)