Er hat die Menschen von nebenan porträtiert: die Tagelöhner und Arbeitsuchenden, die Asylisten und Kneipengänger. Der Weddinger Künstler Otto Nagel, Freund von Käthe Kollwitz und Heinrich Zille, wird vom 17. Mai bis 14. Juni 2023 mit einer Ausstellung in der Galerie in der Weddinger Müllerstraße 163 gewürdigt, bei der nicht nur Arbeiten Otto Nagels zu sehen sind. Schülerinnen und Schüler des Otto‐Nagel‐Gymnasiums in Biesdorf haben sich künstlerisch mit seinem Werken und seinem Leben auseinandergesetzt und sind in eigenen Bildern der Frage nachgegangen, welche Bedeutung Otto Nagel heute haben kann.
Nagel (27.9.1894 – 12.7.1967), aufgewachsen in einem sozialdemokratischen Elternhaus, hat autodidaktisch seinen eigenen, realistischen Malstil entwickelt. Seine Motive fand er im Weddinger Milieu, später hat er das alte Berlin und den Fischerkiez vor ihrer Zerstörung in Bildern festgehalten. Nagel war immer ein politischer Künstler. Nach dem 1. Weltkrieg trat er in die KPD ein, ohne sich jedoch auf eine parteipolitische Linie einengen zu lassen. Auch als Präsident der Akademie der Künste in der DDR hat er sich bemüht, künstlerische Freiräume zu erhalten, bis ihm dies schließlich unmöglich gemacht wurde. Durch die Konfrontation im Kalten Krieg blieb Nagel die eigentlich verdiente künstlerische Anerkennung im Westen verwehrt. Nach seinem Tod wurde ihm die Ehrenbürgerschaft von Ost‐Berlin verliehen, 1992 wurde ihm die Ehrenbürgerwürde der wiedervereinigten Stadt Berlin zuerkannt.
Mitte der zwanziger Jahre war Nagel Mitorganisator einer ersten großen Ausstellung deutscher Künstlerinnen und Künstler in der Sowjetunion. Dort lernte er seine spätere Frau Walli kennen, die eine große Stütze für ihn wurde und die viele Bilder vor der Vernichtung rettete. Otto Nagel hat die Kunst zu den Menschen im Wedding gebracht, er organisierte Ausstellungen in Kaufhäusern und Arbeiterkneipen. Viele seiner Werke sind zunächst von den Nazis, später durch Bombenangriffe zerstört worden. Einige kehren jetzt für vier Wochen in den Wedding zurück.
Die Ausstellung ist ein Gemeinschaftsprojekt des Kulturforums Stadt Berlin der Sozialdemokratie, des Otto‐Nagel‐Gymnasiums Biesdorf und des Initiativkreises Otto Nagel 125.
Ausstellung „Lebenskreise. Otto Nagel und seine Zeit“. 17. Mai bis 14. Juni 2023, Galerie Müllerstraße163, 13353 Berlin (nahe U + S Wedding), geöffnet mittwochs bis freitags von 16 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung unter 0173 6104938.
Veranstaltungen während der Ausstellung
