Geglückte Vernissage in Otto Nagels Wedding

Die Eröffnung der Ausstellung mit Werken Otto Nagels aus einer Privatsammlung am 17. Mai 2023 im Weddinger Kurt-Schumacher-Haus ist wunderbar verlaufen. Um die 60 Menschen, vor allem Schülerinnen und Schüler des Biesdorfer Otto-Nagel-Gymnasiums, gaben der Vernissage einen würdigen Rahmen.

Joachim Günther, der Vorsitzende des gastgebenden Kulturforums Stadt Berlin der Sozialdemokratie e.V. und Nadja Schallenberg, eine Enkelin Otto Nagels, eröffneten mit prägnanten kurzen Redebeiträgen die Ausstellung. Sie seien sehr froh, dass Otto Nagel in seinen Wedding zurück kehre.

Joachim Günther und Nadja Schallenberg (re.)

Anschließend brachten zwei Schülerinnen und zwei Schüler mit Songs von Bertolt Brecht und Kurt Weill den Zeitgeist der 1920er Jahre in die Ausstellung. Das war eine sehr gut einstudierte Performance, die viel Beifall bekam.

Musikalische Performance 1920er Jahre

Sodann stellte Frau Wolfram-Gagel, die verantwortliche Lehrerin im Kunst-Leistungskurs (11. Klassenstufe), das Projekt ihrer Schülerinnen vor. Aufgabe und Ziel war eine eingehende Auseinandersetzung mit den ausgestellten Werken Otto Nagels. Diese waren in Themen aufgeteilt, die als Lebenskreise bezeichnet wurden:

  • Nagel als Ehemann: Im Dialog mit Walli. Werk: Walli in der Waschküche, 1934
  • Nagel als Kurator in Saratow: Ein Dialog mit der Zeichnung. Werk: Gleisbau in Saratow, 1925
  • Nagel als Politiker in der DDR: Im Dialog mit der Zeichnung. Werk: Tagesordnung Volkskammer, 1950
  • Armut und Arbeitslosigkeit: Im Dialog mit der Grafik. Werk: Bettelleute, 1921
  • Der Hungerwinter in Berlin: Im Dialog mit Arbeitern. Werk: Passant im Regen an der Litfaßsäule, 1947
  • Armut und Hunger zur Zeit der Weimarer Republik: Im Dialog mit den Bettelnden in der Grafik. Werk: Städtisches Arbeitslosenzentrum im Wedding, 1926

Im Ergebnis, so erklären die Schülerinnen, seien eigene Malereien und Grafiken sowie Podcasts entstanden, die einen fiktiven Austausch mit den Werken und den darin abgebildeten Menschen präsentieren. Die in den Podcasts erzählten Geschichten basierten sowohl auf einer Literatur- und Internetrecherche als auch auf Interviews mit Zeitzeugen und Zeitzeuginnen. Hier können Sie die Podcasts hören.

Als Beispiel sei hier die Hängung zum Lebenskreis “ Nagel als Ehemann: Im Dialog mit Walli“ gezeigt:

Zum Verständnis die dazugehörige Karte (der Lebenskreis trägt eine andere Bezeichnung)

Unter den Gemälden und Zeichnungen der Schülerinnen war wirklich eine Menge an guter Qualität zu besichtigen. Mir sprang eine Zeichnung von Carla ins Auge, die eine Straßenszene zeigt. Die Zeichnung hat eine expressionistische Note und besticht durch eine sehr gute Komposition und gedimmte Farbigkeit, die den Blick klar über das Kunstwerk führt. Man blickt auf eine komplexe Arbeit, die dennoch Details inkludiert. Respekt.

Straßenszene von Carla

Zum Abschluss überreichte Frau Wolfram-Gagel ihren Schülerinnen eine Rose. Der Abend klang bei vielen Gesprächen aus. Er war eine gelungene Symbiose von Heimkehr in den Wedding des Künstlers Otto Nagel und tiefgreifender Beschäftigung seines Werks durch Schülerinnen des Biesdorfer Gymnasiums.

Die Schülerinnen mit Rose, links Frau Wolfram-Gagel

Die Ausstellung ist noch bis zum 14. Juni im Wedding zu sehen. Es ist vereinbart, dass die Ausstellung im Frühjahr 2024 im Schloss Biesdorf präsentiert wird. Dann mit weiteren Arbeiten des jetzigen Kunst-Leistungskurses in der 12. Klassenstufe.

(Axel Matthies)


vom: 03.06.2023