Kunstarchiv Beeskow nun mit modernem Depot

Wie angekündigt wurde am 29. Mai 2019 das Depot des Kunstarchivs Beeskow am neuen Standort unmittelbar neben der Burg eingeweiht. Alleiniger Träges des Archivs ist nun der Landkreis Oder-Spree. Dazu war Kulturministerin Martina Münch nach Beeskow gekommen. Gemeinsam mit Landrat Rolf Lindemann und Bürgermeister Frank Steffen konnte sie bei strahlendem Sonnenschein zahlreiche Gäste aus der Kunst- und Kulturszene begrüßen, darunter viele Künstlerinnen und Künstler sowie Unterstützer zur Bewahrung der Kunst aus der DDR. Rund 17.000 Kunstwerke von 1.700 Künstlerinnen und Künstlern lagern nun, wie uns die für die Generalinventur zuständige Mitarbeiterin Dr. Angelika Weißbach bestätigte, unter optimalen Bedingungen im ehemaligen Kreisarchiv des Landkreises auf der Spreeinsel. Dazu kommen 1500 Stücke des künstlerischen Volksschaffens.

Zufriedene und optimistische Gesichter in Beeskow


Finanzielle Unterstützung

Für den Ausbau des neuen Depots erhielt das Kunstarchiv Beeskow rund 230.000 Euro von Bund und  Land im Rahmen des Förderprogramms Investitionen für nationale Kultureinrichtungen in Ostdeutschland. Damit wurden 100 neue Zugregale zur Aufbewahrung und zur besseren Zugänglichkeit der Kunstobjekte angeschafft.

100 neue Zugregale wurden eingebaut (Foto: Kunstarchiv Beeskow)

In ihrer Begrüßung führte Ministerin Dr. Martina Münch (SPD) aus: „Das Kunstarchiv Beeskow verfügt über eine der umfangreichsten Sammlungen an Kunstwerken und Objekten aus der DDR-Zeit und ist damit eine bedeutende Einrichtung zur Sicherung des historischen und kulturellen Erbes unseres Landes. Mit dem einvernehmlichen Aufhebungsabkommen zwischen den Ländern (Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern) vereinfachen wir die Strukturen, machen den Weg für eine neue Trägerschaft frei und sichern die weitere Entwicklung des Archivs. Statt des bisherigen Verwaltungsabkommens zwischen den Ländern sowie des Betreibervertrages zwischen dem Land Brandenburg und dem Landkreis Oder-Spree, übernimmt der Landkreis künftig die alleinige Trägerschaft und wird mit den Ländern direkte Leihverträge vereinbaren. Ich danke dem Landkreis Oder-Spree, dass er die Verantwortung für die weitere Entwicklung des Kunstarchivs übernimmt.“

Ministerin Dr. Martina Münch bei ihrer Ansprache


Landrat Rolf Lindemann wurde in seiner Erinnerung schon schärfer. Er sprach bezüglich der Kämpfe um die Existenz und die Perspektive des Kunstarchivs von „Stellvertreterkriegen“, von einer „Politik des Scheiterhaufens“ und dem Zusammenspiel von „kleinbürgerlicher Piefigkeit und akademischer Anmaßung“. Er würdigte dagegen den Kunstmäzen Hasso Plattner, der einfach sammle, was ihm gefällt – nämlich auch Kunst aus der DDR. Lindemann lobte in dieser andauernden Streitsache den langen Atem der Stadt Beeskow, die das Alleinstellungsmerkmal Kunstarchiv gerettet habe. Bürgermeister Frank Steffen sprach in seinem Statement vom „Schaufenster Biesdorf“, das es weiter zu nutzen gelte.

Großer herzlicher Beifall erklang dann für Herbert Schirmer, den Retter und Bewahrer der Kunstwerke. In einem anschließenden Gespräch sprach er von einem glücklichen Tag. Unsere Sicht habe sich durchgesetzt. Kunst sei keine Illustration für historische Konstrukte, nach der man sich Geschichte imaginieren könne. Florentine Nadolni als Gastgeberin verwies dann auf die Arbeits- und Zukunftsfähigkeit des Archivs in Kooperation mit dem Dokumentationszentrum Alltagskultur DDR Eisenhüttenstadt. Immer und auch jetzt sei das Haus von vielen Interessenten besucht und von Fachleuten um Artefakte zu vielfältigen Ausstellungszwecken gebeten worden. Aktuell ist Beeskow vertreten bei Ausstellungen in Berlin, Rostock und demnächst Leipzig.


Herbert Schirmer, Jürgen Danyel (Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam) und Florentine Nadolni im Gespräch

Das Gutachten

Mit dieser Neueröffnung geht eine lange Zitterpartie zu Ende. Nachdem Herbert Schirmer ab 1991 begonnen hatte, die Kunstwerke zusammen zu tragen – „die ersten holten wir mit einem alten Feuerwehrauto aus Berlin“  – musste er auch lange um eine Form der Bewahrung dieser Kunstwerke kämpfen. Als diese 2002 mit dem Dreiländervertrag endlich vollzogen war, folgten wiederum nur Finanztropfen für die Inventarisierung und Aufbereitung, die vorwiegend von qualifizierten jungen Wissenschaftlerinnen umgesetzt wurde. Pläne für den Neubau eines Depots wurden geschmiedet, halbherzig angegangen und letztlich verworfen. Schließlich bestellten die damaligen Eigentümer ein Gutachten. Dieses Gutachten, 2014 fertig gestellt, aber erst im Sommer 2015 öffentlich gemacht, bediente sich einer klaren Sprache:

„Unter künstlerischen Gesichtspunkten betrachtet beinhaltet der Beeskower Bestand mit sehr wenigen Ausnahmen aus heutiger Sicht keine für die Kunstgeschichte Deutschlands relevanten Werke. Er ist jedoch unter mehrfachen Aspekten interessant – vor allen kulturhistorisch und kultursoziologisch…

Es ist jedoch vollkommen kontraproduktiv, Teile dieses Bestandes gleichsam pars pro toto als die Kunst aus der DDR zu präsentieren. Die Bedeutung des Bestandes erklärt sich einzig aus seiner Bindung an die politische und gesellschaftliche Praxis der DDR, nicht aus einer irgendwie gearteten Repräsentativität für die Kunst des einstigen Landes.“

Die List der Vernunft

Die Gutachterinnen hatten damit ein Ziel vorgegeben: die Verhinderung einer großen Lösung für das Kunstarchiv als Zentrum der Bewahrung und Vermittlung von Kunst aus der DDR. So kam es – nicht! Die List der Vernunft, wie Hegel sie gedeutet hatte, bedient sich nun des Landkreises Oder-Spree. Diese Zusammenhänge im Hinterkopf herrschte zur Neueröffnung eine große Zufriedenheit. Die Lösung ist pragmatisch, sie ist regional – also ganz nah dran -, sie ist auf Arbeit orientiert. Nun ist es an dem Team unter Leitung von Florentine Nadolni, das Prinzip Bewahren-Erschließen-Vermitteln klug und nachhaltig zu gestalten.

Engagierte Einführung in das neue Depot durch Leiterin Florentine Nadolni

Kooperationen mit wissenschaftlichen Einrichtungen – zunächst mit dem Institut für Kunst- und Bildgeschichte der Humboldt-Universität – haben bereits begonnen. Das Archiv ist digitalisiert und wird ab Anfang Juli aktualisiert im Netz einsehbar sein. Wir wünschen dem Team, dem Landkreis Oder-Spree und der Stadt Beeskow viel Glück bei der Arbeit!

Dr. Heinrich Niemann gratuliert Frau Nadolni zur Neueröffnung



vom: 02.06.2019