BIESDORFER BEGEGNUNG mit Kulturstaatsministerin Prof. Monika Grütters


Die nunmehr 9. BIESDORFER BEGEGNUNG mit der Kulturstaatsministerin Prof. Monika Grütters am 28. Oktober 2019 stellte in dieser Reihe mit prominenten Persönlichkeiten ein Novum dar.

Zum ersten Mal war mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, so die Amtsbezeichnung, ein Mitglied der Bundesregierung im Schloss Biesdorf als Gesprächspartnerin zu Gast.  „Kulturpolitik für Zusammenhalt in Vielfalt“ – so das Thema ihrer informativen und lebendigen Einführung. Ihre erst seit 1998 bestehende Behörde hat wichtige, der Öffentlichkeit viel zu wenig bekannte kulturpolitische Aufgaben von gesetzgeberischen Rahmenbedingungen, wie z.B. die jüngsten Regelungen zum Umgang mit Kulturgütern, über die Filmförderung, die Erhaltung nationaler Kultur- und Gedenkstätten, so besonders die Erinnerung an die Zeit der NS-Diktatur, bis hin zur Vertretung der Bundesrepublik in internationalen Gremien wie der UNO oder der Europäischen Union.

Frau Prof. Grütters bei ihrem Einführungsbeitrag

Eindrucksvoll ihre Angaben über die Zahl der in der Bundesrepublik tätigen Kultureinrichtungen wie Theater, Opernhäuser, Orchester, Museen, die im internationalen Vergleich einen Spitzenwert bedeuten. So sei fast die Hälfte aller Opernhäuser in Deutschland zu finden. Originell der Vergleich, wonach die jährlich 114 Millionen Museumsbesucher die Zahl der Zuschauer aller Bundesligaspiele übertreffen. Frau Grütters bekräftigte das hohe verfassungsmäßige Gut der Freiheit der Kunst und der Meinungsäußerung und verwies darauf, dass in der föderalen Struktur die Länder und Kommunen für die Kultur zuständig sind.

Im Podium ergänzte Regina Kittler, kulturpolitische Sprecherin der LINKEN im Berliner Abgeordnetenhaus, die Situation in Berlin und benannte dabei auch Defizite in der Finanzierung und Unterhaltung kultureller Arbeit, so in der sogenannten „Freien Szene“ und den Bezirken und verwies auf die prekäre Einkommenssituation vieler Künstler.

Eine Art Bonmot einen Tag nach der Thüringen-Wahl: Beide würdigten die durchaus gute Zusammenarbeit zwischen Berlin mit seinem Kultursenator Klaus Lederer (Die LINKE) und der Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), deren Wahlkreis der Bezirk Marzahn-Hellersdorf ist.

Michael Wiedemann, engagierter Sammler von Kunst aus der DDR und Initiator der nunmehr schon traditionellen Kunstausstellung „Kostbarkeiten“ im Alten Rathaus Marzahn, – die letzte galt Harald Metzkes – verwies auf die Initiative eines Kulturpfades im Bezirk und fragte nach Unterstützungsmöglichkeiten.

Frau Lavinia Frey, die Geschäftsführerin der Stiftung Humboldtforum im Berliner Schloss, entwarf das Bild einer weltoffenen, die vielfältigen außereuropäischen Kulturen präsentierenden künftigen Darstellung in dem neuen Gebäude in der Mitte Berlins und zeigte sich optimistisch, dass die verschiedenen Akteure mit ihren auch verschiedenen Interessen gut für diese große Aufgabe zusammen finden werden. Mit modernen Gestaltungsformen und freiem Eintritt soll neues Publikum gewonnen werden.

Im Podium debattierten: Regina Kittler, Michael Wiedemann, Lavinia Frey, Prof. Monika Grütters und als Moderator Dr. Heinrich Niemann

Die Fragen in der leider nur kurz bemessenen Diskussion:

Warum wurde mit der Vereinigung nicht ein Kulturministerium eingerichtet? Frau Grütters legte plausible Gründe dafür da, sie schloss aber einen solchen Schritt für die Zukunft nicht aus.

Wenn man die beachtliche Geldsumme für Kulturförderung auf die Bevölkerung umrechnet, kommt doch ein relativ bescheidener Betrag heraus, so dass Leuchttürme bzw. eines Tankstellennetzes der Kultur nicht ausreicht, um Kultur wirklich flächendeckend ausreichend zu fördern, eine weitere Frage. Frau Grütters räumte dieses Problem ein, verwies jedoch hier auf die Verantwortung der Länder und Kommunen.

Auch die Frage, wie sie das Anliegen unterstützen könnte, den Künstler Otto Nagel wieder angemessen zu würdigen, beantwortete sie mit dem Verweis auf die Zuständigkeit,  wies aber auch auf bestehende Förderprogramme hin, die es zu nutzen gelte – auch die ihres Hauses.

Zum Stand der noch fehlenden Millionen in der Spendenaktion des Schlossvereins mit Herrn von Boddien und seine wohl neuen Ideen für den großen Bau gab es ausweichende Antworten, auch „um Herrn Boddien keine Vorwände für irgendetwas zu geben“.

Die Antwort auf die Frage, wie denn der Palast der Republik im Humboldtforum als Teil der Geschichte dieses Ortes seinen Platz finde, befriedigte den Fragesteller nicht ganz. Zwar werden einige Einrichtungsgegenstände und auch das Mattheuer-Bild zu sehen sein, aber ob die „Wernesgrüner Bierstube“ wieder ihren Platz finden könnte, vermochte Frau Frey nicht zu beantworten. Da fehlten anscheinend dann auch die Kenntnisse über ein solches populäres Detail des damaligen DDR-Palastes.

Insgesamt ein Abend mit Gewinn. Über Kultur unseres Landes und seiner Hauptstadt hier in Biesdorf an ihrem Rande kompetent zu diskutieren, war tatsächlich ein „Beweis für die dezentrale Logik der Kultur“, wie Prof. Grütters mit Blick auf das wieder aufgebaute schöne Schloss Biesdorf vermerkte.

Man kann auf die nächste BIESDORFER BEGEGNUNG  gespannt sein.

(Dr. Heinrich Niemann)

vom: 02.11.2019