Ergänzungen zu „Wir wohnten im Schloss Biesdorf“

Zum Vortrag mit Frau Hannelore Bündig am 16. Februar im Schloss Biesdorf waren 40 Menschen gekommen; vor allem alte Biesdorfer, die sich lebhaft erinnerten. Das war für die pandemiebedingten Besuchseinschränkungen nahezu sensationell und unterstrich das Bedürfnis vieler Menschen, sich des „normalen Lebens“ zu erinnern. Die erzählte Geschichte, anstatt der geschriebenen offiziellen, erlebte eine Sternstunde.

An Geschichten im Schlosspark gibt es eine Reihe von Erinnerungen. Eine Frau erzählte von den Ferienspielen. Im Park hätten ganz viele Zelte gestanden, bestimmt 30, in denen die einzelnen Gruppen untergebracht waren, bei schlechtem Wetter spielten und aßen. „Es war damals im Park viel heller als heute!“ Das kann sein, denn vor 50 Jahren waren die Bäume kleiner.

Eine andere Frau, die mit ihrer Familie in der Paradiessiedlung wohnte, war oft in der Kinderbibliothek im Schloss, wo sie viel las und Bücher entlieh. Ein ganz persönliches Moment ihrer Erinnerung: das Sofa der Familie Poerschke aus der Wohnung im Schloss zierte ihre erste Studentenwohnung.

Eine Reihe von Erinnerungen waren mit den „Russen“, den Soldaten und Offizieren der sowjetischen Armee, verbunden. Frau Bündig hatte über Bestattungen im Park berichtet, die sie als Kinder verfolgt hatten. Nach ihrer Erinnerung gab es Bestattungen nur von Offizieren am heutigen Albert-Brodersen-Weg. Bestattungen im Pleasure ground waren ihnen nicht erinnerlich. Das wird so gewesen sein, denn die Familie wohnte ja erst seit 1952 im Schloss. Die meisten Beerdigungen fanden aber in den Jahren nach Kriegsende statt. Wenn es Beerdigungen gab, so ein alter Biesdorfer, kamen sie aus ihrem Lager, das dort war, wo heute das Theater am Park steht, über den Anger und dann hoch zum Schloss. Die Paradiessiedlung war von der Roten Armee beschlagnahmt worden, das daneben befindliche Zwangsarbeiterlager zur Unterbringung der Mannschaften genutzt worden. Musik war bei den Bestattungen immer dabei.

Frau Bündig erzählte noch von zwei Frauen, die sie nach dem Krieg kennen gelernt hatte: Steffie Spira und Ella Pilzer. Beide waren 1947 aus der Emigration zurück nach Deutschland gekommen. Vertrieben hatte sie der rassistische Antisemitismus der Nazis. Als die Familie Poerschke in dem kleinen Zimmer in der Ketschendorfer Straße wohnte, kam die Schauspielerin öfter vorbei. Ihr gehörte wohl, so Frau Bündig, die Wohnung. Ella Pilzer hatte auf das Kind Hannelore wohl einen größeren Einfluss. Sie brachte Hannelore das gute Benehmen bei: wie man am Tisch ißt, sich die Haare bindet und die Kleider trägt. Frau Bündig ist ihr in der Erinnerung sehr dankbar dafür. Es habe sie geprägt.

Die Familie Poerschke bekam die Ehre, so Frau Bündig, kurz vor der Eröffnung des wiederaufgebauten Schlosses Biesdorf im Spätsommer 2016, das Haus exklusiv besuchen zu dürfen. Das habe die Familie sehr zu schätzen gewusst.

Damals fuhr der O-Bus 37 durch Biesdorf,
hier an der Haltestelle BWF Bürknersfelde. Unten der Fahrplan

vom: 09.03.2022