Weg von höfischen Schmuckplätzen, hin zu grünen Volksparks. Der Berliner Gartendirektor Albert Brodersen

Als am 16. November 2007 im Schloss Biesdorf eine Festveranstaltung zu Ehren von Albert Brodersen (1857 – 1930) aus Anlass seines 150. Geburtstages stattfand und anschließend die Lindenallee im Schloßpark in Albert-Brodersen-Allee umbenannt wurde, war das ein beachtliches Zeichen. Damit hatten das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf, das Landesdenkmalamt Berlin und die Stiftung Ost-West-Begegnungsstätte Schloss Biesdorf e.V. an einen Mann erinnert, dessen Spuren aus der Geschichte Berlins weitgehend getilgt sind. Der damalige Bezirksstadtrat Norbert Lüdtke und insbesondere Dr. Klaus-Henning von Krosigk, stellvertretender Landeskonservator in Berlin, würdigten den Berliner Gartendirektor Brodersen (1910 – 1925), den Gestalter des Schlossparks Biesdorf und vieler weiterer Grünanlagen in Berlin, nachhaltig. Dr. von Krosigk hatte bereits gemahnt, dass es notwenig sei, sich mit Brodersens reichem Lebenswerk auseinander zu setzen, es vertieft zu ergründen und durch gezielte Inwertsetzung zu erhalten und neuerlich zu beleben. Bald darauf legte er selbst eine biografische Skizze vor.

Albert Brodersen stammte aus Holstein. Sein Vater war Gutsverwalter und später Rentamtsmeister. Albert absolvierte nach der Schulzeit eine praktische Ausbildung in verschiedenen renommierten Gärtnereien. Nach zahlreichen Studienreisen, die ihn nach England, Italien, Frankreich, nach Wien, Paris, Moskau und Budapest führten, schloss er 1884 seine Ausbildung in Potsdam-Wildpark ab. Er heiratete 1887 Dorothea Körner, die Tochter des Besitzers der bekannten Landschaftsgärtnerei Körner in Steglitz und führte nach dessen Tod zusammen mit seinem Schwager das Unternehmen weiter. In diesen Jahren entstanden rund 20 größere landschaftliche Anlagen überwiegend für Industrielle im Rheinland, aber auch in Berlin, in der damaligen Neumark und in Schlesien. Seine bekanntesten Arbeiten sind der Park am Haus Lerbach bei Bergisch-Gladbach, der Schlosspark in Berlin-Biesdorf für die Familie Siemens, der Königspark in Guben und zahlreiche Villengärten in Potsdam, am Grunewald und am Wannsee. Der bekannteste Villengarten dürfte der von Max Liebermann sein. Aber auch städtebauliche Projekte, die Anlage von Pferderennbahnen im Grunewald und in Köln sowie anderer Sporteinrichtungen gehören zu seinem Werkverzeichnis.

Albert Brodersen – Gemälde
von Max Liebermann

Seine hervorragenden Kontakte und sein ausgezeichneter Ruf als Landschaftsgärtner führten dazu, dass er 1910 zum Berliner Städtischen Gartendirektor berufen wurde. Bereits 1909 war ihm der Titel des „Königlichen Gartendirektors“ verliehen worden. Im Rahmen der planmäßigen Stadtbebauung war er nun am Ausbau und an der Umgestaltung der ursprünglichen Berliner Schmuckplätze zu Gartenplätzen und praktischen Parkanlagen beteiligt. So wurde in den Jahren von 1913 bis 1916 der Teil des Viktoriaparks westlich der Möckernstraße von ihm angelegt. Weitere Tätigkeitsfelder waren die Bepflanzung der Straßen mit Alleebäumen und die Einrichtung von Spielplätzen und Schulgärten. Im Kern ging es darum, das steinerne Berlin in seiner maßlosen Verdichtung umzubauen, grüne Lungen zu schaffen und der Bevölkerung gesündere Lebensverhältnisse zu sichern. Dabei war Brodersen ein sehr erfahrener und äußerst gebildeter Gärtner, der sich in allen praktischen Bereichen des Gartenbaus bestens auskannte und sich in der teilweise erbittert und polemisch geführten Debatte um eine neue Gartenkunstbewegung stets offen und diplomatisch zeigte.

Wegen der ökonomischen und politischen Verhältnisse während und nach dem Ersten Weltkrieg war es dem Gartendirektor Brodersen kaum vergönnt, eigene Ideen zu verwirklichen. Er musste eher den Mangel verwalten und ab 1920, der Bildung von Groß-Berlin, völlig neue Verwaltungsstrukturen aufbauen. Die 15 Jahre seiner Amtszeit erwiesen sich dennoch für die Berliner Grünplanung als fruchtbar. Es entstanden viele Spielplätze und Sportanlagen. Den Kleingärten und städtischen Friedhöfen schenkte Brodersen zunehmend Aufmerksamkeit. So blieb es seinem Nachfolger Erwin Barth überlassen, in der kurzen Blütezeit der Weimarer Republik für Berlin die bis heute gültigen sozialen Grünräume zu erstreiten und zu gestalten. In Barth’s Amtszeit fällt die Entstehung des noch von Albert Brodersen entworfenen Volksparks Rehberge, der ab 1926 auf einem 120 ha großen Sand- und Sumpfgelände angelegt und im Sommer 1929 eröffnet wurde.

Die Rehberge nach dem Notwinter 1918/19..,
Foto: Landesarchiv Berlin
.. und heute, fast 100 Jahre später
Foto: Jürgen Ritter

Diese Parkanlage markiert einen Höhepunkt in der Gestaltung von Volksparks in Berlin, zu denen weiterhin der Volkspark Jungfernheide, der Körnerpark in Neukölln, die Parklandschaft am Ober- und Orankesee, der Volkspark Wuhlheide und natürlich der Schlosspark Biesdorf gehören. Letzterer ist seit 1927 im Besitz der Stadt Berlin. Klaus von Krosigk lobte die wirkungsvolle Verteilung von Licht und Schatten sowie die feine und abwechslungsreiche Geländemodellierung, die den Park so attraktiv machten. Interessant aus heutiger Sicht: die Anlage der Volksparks in der Weimarer Republik war überwiegend eine Arbeitsbeschaffung für Kriegsheimkehrer.

Wirkungsvolle Verteilung von Licht und Schatten sowie eine
feine Modellierung der Landschaft, hier in Biesdorf

Klaus von Krosigks Formel, dass Albert Brodersen ein Gärtner der Zeitenwende – weg von höfischen Schmuckplätzen, hin zu grünen Volksparks – gewesen war, der in seiner Wirkung und gestaltenden Kraft für das Grün Berlins immer noch unterschätzt wird, hat an ihrer Richtigkeit nichts verloren. Wir erinnern an ihn. Im Oktober 1925, vor 100 Jahren, trat der Berliner Gartendirektor in den Ruhestand. Am 4. Januar 1930, vor 95 Jahren, starb Albert Brodersen an einem Herzschlag in Berlin.

(Axel Matthies)

Dieser Beitrag erschien zuerst in jot w.d. 2/2025

vom: 06.01.2025